Seit dem Sommer 2022 fahren Valeriia Shvetsova und Yanina Doroshenko von ihrer kleinen Wohnung in Ahrensburg jeden Morgen in die Stadt – eine nach Rahlstedt, die andere in die Innenstadt. Beide haben das gleiche Ziel: die Haspa. Die geflüchteten Ukrainerinnen arbeiten im Service der Filialen und eröffnen Konten für ihre Landsleute. Oder sie beantworten ihnen Fragen zu Versicherungs- und Bankangelegenheiten. Was aber noch wichtiger ist, sie leisten auch Lebenshilfe in ihrer Muttersprache. „Viele Ukrainer kommen mit nur einer kleinen Reisetasche an, sind komplett durcheinander und sind so dankbar über eine mentale Stütze. Und über praktische Überlebenstipps wie Behördengänge, Tipps für eine Unterkunft oder Gelder beantragen. Das alles haben Yanina und ich selbst mitgemacht und wir wollen unser Wissen weitergeben“, sagt Shvetsova. Die beiden 26-Jährigen sind seit ihrer Kindheit beste Freundinnen und im April 2022 von der Ukraine aus der Großstadt Dnipro nach einer mehrtägigen Odyssee über Minenfelder und überlaufenen Bahnhöfen nach Hamburg gekommen – dem Krieg entflohen.
Ersatzfamilie Haspa
Shvetsova erinnert sich noch genau an den 24. Februar 2022, als russische Truppen in die Ukraine einmarschierten, denn an diesem Tag wollte sie in ihrer Heimat den Arbeitsvertrag eines großen IT-Unternehmens unterschreiben. Sie hat einen Master of Economics und ist ein Sprachtalent. Englisch spricht sie fließend und ihr Deutsch ist hervorragend. „Ich habe in der Schule und über YouTube Deutsch gelernt und ich liebe diese Sprache“, so Shvetsova. Doroshenko ist gelernte Tierärztin und lernt fleißig Deutsch, seit sie in Hamburg ist.
Für die Freundinnen und deren Familien war klar, dass es in Dnipro keine Zukunft geben würde, solange dort Krieg herrscht. Gegangen sind aber nur die zwei jungen Frauen, ihre Familien wollten Väter und Söhne nicht zurücklassen. Dass beide daran schwer zu tragen haben, ist spürbar. Dennoch überwiegt der Optimismus: „Wir haben in der Haspa eine kleine Ersatzfamilie gefunden“, sagt Doroshenko, „unsere Kollegen sind so herzlich und hilfsbereit und fangen uns auf, wenn es uns mal nicht so gut geht.“
Mutig nach vorne schauen
Zur Haspa sind sie wie durch ein Wunder gekommen. Eigentlich wollten die beiden jungen Frauen nur ihre Geldangelegenheiten in einer Bank regeln und wurden aufgrund ihrer Sprachtalente direkt von einem Haspa Mitarbeiter angesprochen, ob sie Lust hätten, zu helfen. „Die Haspa hat uns gefunden und wir die Haspa“, so Doroshenko. Inzwischen unterstützen insgesamt 13 ukrainische Geflüchtete die Haspa-Filialen bei den Kontoeröffnungen ihrer Landsleute. Filialleiter Laszlo Schmidt ist begeistert, dass die Ukrainerinnen der Haspa helfen. Und das mit Herzblut.
„Ohne unsere ukrainischen Kollegen würden wir es kaum schaffen. Sie haben sich enorm schnell in unseren Teams integriert und ich erlebe die Zusammenarbeit als extrem wertschätzend von allen Seiten“, sagt Schmidt. Und die beiden Freundinnen sind sich einig: Es tut gut, eine sinnvolle Tätigkeit zu haben, mit anzupacken und anderen Menschen zu helfen, die in der gleichen Situation stecken wie sie selbst. „Wir können uns wirklich einiges von den Ukrainerinnen und Ukrainern abgucken. Die ungebrochene Lust auf das Leben, die Dankbarkeit für die kleinen Dinge und die Fähigkeit, auch in schwierigen Zeiten das Positive zu sehen“, so der Filialleiter.
Weil‘s um mehr als Geld geht!
Bereits seit Kriegsbeginn engagiert sich die Haspa mit verschiedenen Aktionen für die Menschen in der Ukraine. In den 100 Nachbarschaftsfilialen wurden binnen weniger Tage tausende Decken und Verbandskästen gesammelt und mit Hilfe von Hanseatic Help ins Krisengebiet gebracht. In einer Spendenaktion sammelten die Mitarbeiter für den Ukrainian Future Hilfe-Verein und die Haspa rundete den Betrag auf 100.000 Euro auf. Daneben hat die Haspa über 15.000 Konten für Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine eröffnet und steht ihnen auch darüber hinaus mit Rat und Tat zur Seite.
Text: Corinna Wittmar & Martina Tamme