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Testamentsvollstreckung: So behältst du die Kontrolle über dein Erbe

Testamentsvollstreckung, Frau unterschreibt einen Vertrag Pixabay / geralt

Erbstreitigkeiten, komplizierte Vermögensverhältnisse, minderjährige Erb:innen – klingt nach dem Stoff für Familiendramen, oder? Nicht mit einer Testamentsvollstreckung! Erfahre, wie du die Kontrolle über dein Erbe behältst – auch wenn du nicht mehr da bist.

Was ist Testamentsvollstreckung?

Die Testamentsvollstreckung ist ein wichtiges Instrument im deutschen Erbrecht, das im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt ist. Sie ermöglicht es dir als Erblasser:in, über deinen Tod hinaus Einfluss auf die Verwaltung und Verteilung deines Nachlasses zu nehmen.

Im Kern geht es darum, eine Person deines Vertrauens – eine:n Testamentsvollstrecker:in – zu bestimmen, die nach deinem Ableben dafür sorgt, dass dein letzter Wille genau so umgesetzt wird, wie du es dir wünschst. Diese Person wird sozusagen zum / zur „Nachlassmanager:in“ und hat weitreichende Befugnisse, um deinen Nachlass zu verwalten und aufzuteilen.

Aber warum solltest du dich überhaupt mit diesem Thema beschäftigen? Die Gründe sind recht vielfältig:

  • Du möchtest Streit unter deinen Erb:innen vermeiden.
  • Dein Nachlass ist komplex und erfordert besondere Fachkenntnisse bei der Verwaltung.
  • Du hast minderjährige oder geschäftsunfähige Erb:innen, die eines besonderen Schutzes bedürfen.
  • Als Erblasser:in willst du sicherstellen, dass bestimmte Vermögenswerte über einen längeren Zeitraum erhalten bleiben.

Die Testamentsvollstreckung ist quasi ein Schutzschild für dein Erbe und ein Friedensstifter für deine Hinterbliebenen.

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Rechtliche Grundlagen der Testamentsvollstreckung

Die Testamentsvollstreckung ist kein willkürliches Konstrukt, sondern fest im deutschen Recht verankert. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich vor allem in den § 2197 bis § 2228 des BGBs. Diese Paragrafen regeln alles von der Anordnung der Testamentsvollstreckung bis hin zu den Rechten und Pflichten der Testamentsvollstrecker:innen.

Wichtig zu wissen: Die Testamentsvollstreckung muss von der / dem Erblasser:in selbst angeordnet werden. Das kann in einem Testament oder in einem Erbvertrag geschehen. Wichtig für dich: Ohne ausdrückliche Anordnung gibt es keine Testamentsvollstreckung!

Arten der Testamentsvollstreckung

Ein wesentlicher Punkt ist, dass das Erbrecht verschiedene Arten der Testamentsvollstreckung kennt. Je nach deinen individuellen Wünschen und der Komplexität deines Nachlasses kannst du die für dich passende Form wählen.

Abwicklungsvollstreckung

Das ist der Klassiker. Der / die Testamentsvollstrecker:in hat die Aufgabe, deinen Nachlass zu verwalten, Schulden zu begleichen und das Erbe an die Erb:innen zu verteilen. Danach ist sein oder ihr Amt beendet.

Dauertestamentsvollstreckung

Diese Form der Vollstreckung kann bis zu 30 Jahre dauern (bei juristischen Personen sogar unbegrenzt). Sie wird oft eingesetzt, um minderjährige Erb:innen zu schützen oder um sicherzustellen, dass zum Beispiel ein Unternehmen in deinem Sinne weitergeführt wird.

Vermächtnistestamentsvollstreckung

Hier kümmert sich der / die Testamentsvollstrecker:in nur um die Erfüllung bestimmter Vermächtnisse, nicht um den gesamten Nachlass.

Wer kann Testamentsvollstrecker:in werden?

Beachte: Erbende und Vermächtnisnehmer:innen können ebenfalls als Testamentsvollstrecker:innen eingesetzt werden, allerdings solltest du mögliche Interessenskonflikte im Auge behalten.

Ernennung und Einsetzung

Du kannst die Testamentsvollstrecker:innen in deinem Testament oder Erbvertrag benennen. Dabei hast du verschiedene Möglichkeiten:

  1. Eine Person direkt benennen
  2. Benennung mehrerer Personen (zum Beispiel als Vertretung)
  3. Übertragung der Wahl auf eine dritte Person oder Institution
  4. Auswahl durch das Nachlassgericht

Nach deinem Tod wird die Testamentsvollstrecker:in vom Nachlassgericht offiziell bestellt. Sie oder er erhält einen „Testamentsvollstreckerzeugnis“, der sie oder ihn legitimiert, in deinem Namen zu handeln.

Rechte und Pflichten

Die testamentsvollstreckende Person hat weitreichende Befugnisse, aber auch eine große Verantwortung:

RechtePflichten
– Verwaltung des Nachlasses
– Verfügung über Nachlassgegenstände
– Eingehen von Verbindlichkeiten für den Nachlass
– Prozessführung in Nachlassangelegenheiten
– Erstellung eines Nachlassverzeichnisses
– Erfüllung von Vermächtnissen und Auflagen
– Auseinandersetzung des Nachlasses unter den Erben
– Rechnungslegung gegenüber den Erben

Wichtig für dich: Der oder die Testamentsvollstrecker:in haftet persönlich für Schäden, die sie durch pflichtwidriges Verhalten (§ 2219 BGB) verursacht. Sie oder er muss deshalb sehr sorgfältig und im Sinne des letzten Willens handeln. Erb:innen haben wiederum nur eingeschränkte Rechte am Nachlass, können nicht über Nachlassgegenstände verfügen, haben aber ein Recht auf Information und können bei grober Pflichtverletzung auch die Entlassung der / des Testamentsvollstrecker:in beantragen.

Testamentsvollstreckung, Rechten und Pflichten
Haspa Insider

Die Vergütung bei einer Testamentsvollstreckung

Die Vergütung des Testamentsvollstreckenden ist ein wichtiger Aspekt, den du als Erblasser:in bedenken solltest. Du hast die Möglichkeit, die Höhe der Vergütung in deinem Testament festzulegen, was spätere Streitigkeiten vermeiden kann. Fehlt eine solche Anordnung, hat der Testamentsvollstrecker:in laut § 2221 BGB Anspruch auf eine „angemessene Vergütung“.

Diese bemisst sich in der Praxis häufig anhand der Empfehlungen des Deutschen Notarvereins mithilfe der Neuen Rheinischen Tabelle, welche sich wiederum am Bruttonachlasswert orientiert. Nicht vergessen: Die Vergütung wird aus dem Nachlass gezahlt und mindert somit das Erbe. Um Streitigkeiten zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Vergütung bereits im Testament zu regeln.

Dauer der Testamentsvollstreckung

Die Dauer einer Testamentsvollstreckung kann sehr unterschiedlich sein und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Nachfolgend die wichtigsten Aspekte:

Regelfall: In der Regel endet die Willensvollstreckung, wenn der Nachlass vollständig abgewickelt ist. Je nach Komplexität des Nachlasses kann dies einige Monate bis mehrere Jahre dauern.

Höchstdauer: Das Gesetz sieht eine Höchstdauer der Testamentsvollstreckung von 30 Jahren vor. Diese Frist beginnt mit dem Erbfall.

Ausnahme für juristische Personen: Ist der/die Erb:in eine juristische Person, kann die Testamentsvollstreckung unbefristet angeordnet werden.

Anordnung im Testament: Im Testament kann eine längere Dauer der Testamentsvollstreckung angeordnet werden, sofern die 30-Jahres-Grenze nicht überschritten wird.

Dauertestamentsvollstreckung: Eine Form der Testamentsvollstreckung, bei der der Nachlass über einen längeren Zeitraum (bis zu 30 Jahren, in bestimmten Fällen auch darüber hinaus) verwaltet wird, um die langfristigen Interessen der Erbenden zu wahren oder den Willen der Erblasser:in umzusetzen.

Verlängerung durch die Erb:innen: Die Erbenden können gemeinsam beschließen, die Testamentsvollstreckung über die ursprünglich festgelegte Dauer hinaus zu verlängern.

Es gibt auch Situationen, in denen die Testamentsvollstreckung vorzeitig beendet werden kann:

  • Zweckerfüllung

    Wenn der Zweck der Testamentsvollstreckung erreicht ist, endet sie automatisch.

  • Wegfall der Voraussetzungen

    Zum Beispiel, wenn bei einer Verwaltungsvollstreckung das zu verwaltende Vermögen aufgebraucht ist.

  • Kündigung durch den Testamentsvollstreckenden

    Der / die Testamentsvollstrecker:in hat das Recht, sein / ihr Amt aus wichtigem Grund niederzulegen.

  • Entlassung durch das Nachlassgericht

    Bei grober Pflichtverletzung kann das Nachlassgericht den / die Testamentsvollstrecker:in auf Antrag der Erb:innen entlassen.

  • Einvernehmliche Aufhebung

    Wenn alle Beteiligten (Erb:innen und Testamentsvollstrecker:in) einverstanden sind, kann die Vollstreckung vorzeitig beendet werden.

Häufige Fragen rund um das Thema Testamentsvollstreckung

Was ist eine Testamentsvollstreckung und wozu dient sie?

Eine Testamentsvollstreckung ist ein erbrechtliches Instrument, bei dem eine, durch den / die Erblasser:in bestimmte, Person (Testamentsvollstrecker:in) den Nachlass verwaltet und den letzten Willen umsetzt. Sie dient dazu, die Verteilung des Erbes nach den Wünschen der erblassenden Person sicherzustellen.

Wie wird eine Testamentsvollstreckung angeordnet?

Eine Testamentsvollstreckung wird im Testament oder Erbvertrag angeordnet. Sie muss explizit festgelegt werden.

Wer kann Testamentsvollstrecker:in werden?

Grundsätzlich kann jede volljährige, geschäftsfähige Person Testamentsvollstrecker:in werden. Dies können Familienmitglieder, Freund:innen oder auch professionelle Dienstleister:innen wie Anwält:innen oder Steuerberater:innen sein.

Welche Aufgaben und Pflichten hat ein/eine Testamentsvollstrecker:in?

Zu den Hauptaufgaben gehören die Verwaltung des Nachlasses, die Erfüllung von Vermächtnissen und Auflagen, die Verteilung des Erbes und die Rechenschaftslegung gegenüber den Erb:innen.

Wie lange dauert eine Testamentsvollstreckung?

Die Dauer kann stark variieren, von wenigen Monaten bis zu 30 Jahren (gesetzliche Höchstdauer). Bei juristischen Personen als Erb:innen kann sie unbefristet sein.

Noch mehr Fragen rund ums (Ver)erben?

Wenn du weitere Einblicke und Tipps zur Nachlassplanung benötigst, unterstützen wir dich gerne weiter. Hier findest du zusätzliche Inhalte zu Vorsorgevollmacht, Vermögensstrukturierung und Nachlass regeln.