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Eigenbedarfskündigung: Wenn dein Zuhause plötzlich nicht mehr dir gehört
Du wohnst seit Jahren in deiner gemütlichen Wohnung und plötzlich flattert eine Kündigung ins Haus, weil dein Vermieter oder deine Vermieterin selbst einziehen wollen. Klingt erstmal unfair, oder? Tatsächlich sind Eigenbedarfskündigungen eine der wenigen Möglichkeiten für Vermieter:innen, dich aus deiner Wohnung zu bekommen, auch wenn du ein:e tadellose:r Mieter:in bist. In Hamburg wurden die beiden großen Mietervereine allein in diesem Jahr über 800 Mal wegen Eigenbedarfskündigungen um Hilfe gebeten. Bei Mieter helfen Mietern haben sich die Anfragen seit 2019 sogar verdreifacht. Und das Verrückte ist: Der Mieterverein zu Hamburg schätzt, dass bei 4 von 5 Anfragen der Eigenbedarf gar nicht besteht.
Was ist eine Kündigung wegen Eigenbedarf?
Eine Eigenbedarfskündigung besteht, wenn dein Vermieter oder deine Vermieterin dir kündigt, weil sie oder er die Wohnung selbst nutzen möchte. Aber auch hier gibt es klare Regeln, damit Vermieter:innen das nicht einfach so machen können.
Welche rechtlichen Grundlagen gelten für die Eigenbedarfskündigung?
Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) steht alles dazu in § 573. Dieser Paragraf ist sozusagen dein Schutzschild als Mieter:in. Er sagt: Vermieter:innen dürfen nur kündigen, wenn sie ein „berechtigtes Interesse“ haben. Und Eigenbedarf ist ein berechtigtes Interesse.
Aber wer darf denn einziehen, damit es als Eigenbedarf gilt?
- Der Vermieter oder die Vermieterin selbst
- Angehörige der Familie (beispielsweise Kinder, Eltern oder Geschwister)
- Personen, die zum Haushalt gehören (zum Beispiel Pflegekräfte)
Wichtig für dich: Es reicht nicht, wenn der Vermieter oder die Vermieterin sagt: „Ich will die Wohnung für meinen Hund“, um eine Kündigung auszusprechen. Es muss eine Person sein, die wirklich dort wohnen will. Denn auch hier gibt es Grenzen. Vermieter:innen dürfen Mieter:innen nicht kündigen, nur um die Wohnung teurer weiterzuvermieten oder zu verkaufen.
Beispiele aus der Praxis machen das deutlich:
Positives Beispiel: Familie A hat eine Wohnung in Eimsbüttel. Der Sohn studiert jetzt in Hamburg und braucht eine Wohnung. Das Gericht sagt: Ja, das ist Eigenbedarf. Die Kündigung ist somit wirksam.
Negatives Beispiel: Herr B will seiner Mieterin kündigen, weil er die Wohnung als Ferienwohnung nutzen will. Das Gericht urteilt: Nein, das zählt nicht als rechtmäßige Kündigung des Mietvertrags und ist somit unwirksam. Eine gelegentliche Nutzung reicht für Eigenbedarf nicht aus.
Es kommt also immer auf den Einzelfall an. Aber keine Angst: Du bist nicht schutzlos. Wenn du eine Eigenbedarfskündigung bekommst, kannst du diese genau prüfen lassen.
Formale Anforderungen an die Kündigung & Kündigungsfrist
Eine wirksame Eigenbedarfskündigung erfordert mehr als nur einen kurzen Hinweis per WhatsApp auf den Eigenbedarf. Vermieter:innen müssen die Kündigung schriftlich, präzise und nachvollziehbar begründen. Das bedeutet, dass nicht nur der Wunsch nach Eigennutzung ausreicht, sondern dir auch konkrete Umstände dargelegt werden müssen. Die gesetzlichen Kündigungsfristen sind gestaffelt und berücksichtigen die Dauer des Mietverhältnisses. Bei einer Mietdauer von weniger als 5 Jahren beträgt die Kündigungsfrist 3 Monate. Mieter:innen, die seit 5 bis 8 Jahren in ihrer Wohnung leben, haben eine Kündigungsfrist von 6 Monaten. Wenn du schon länger als 8 Jahre in deiner jetzigen Wohnung lebst, kannst du in der Regel mit einer Frist von 9 Monaten rechnen.
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Ausschluss der Eigenbedarfskündigung im Mietvertrag
Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil von 2013 bestätigt, dass du als Mieter:in und dein:e Vermieter:in die Möglichkeit habt, eine Eigenbedarfskündigung vertraglich auszuschließen. Dieser Ausschluss kann unbegrenzt gelten, muss aber bei Mietverträgen, die länger als 12 Monate laufen, schriftlich festgehalten werden. Besonders spannend: Bei einem unbefristeten Mietvertrag bleibt dieser Ausschluss auch nach einem Verkauf der Immobilie bestehen. Das bedeutet, dass auch ein:e neue:r Eigentümer:in dir nicht wegen Eigenbedarfs kündigen kann. Eine wichtige Einschränkung gibt es jedoch: Die außerordentliche (fristlose) Kündigung kann nicht wirksam ausgeschlossen werden.
Unterstützung bei der Kündigung wegen Eigenbedarf
Als Hamburger Mieter:in stehen dir starke Unterstützungspartner zur Seite. Mietvereine sind hierfür die erste (und beste) Anlaufstelle, wenn du dich beraten lassen willst. Diese bieten spezialisierte Rechtsberatung und verfügen über langjährige Erfahrung im Mietrecht. Typischerweise helfen sie dir mit einer kostenlosen Ersteinschätzung deiner Situation, prüfen die Rechtmäßigkeit der Kündigung im Detail und unterstützen dich bei der Formulierung eines Widerspruchs. Zudem kennen sie sich bestens mit lokalen Besonderheiten im Mietrecht aus.
Bei der Auswahl eines Mietervereins solltest du in jedem Fall darauf achten, seriöse Beratungsangebote zu vergleichen, ihre Erfahrung im lokalen Mietrecht zu prüfen und dich auch über Mitgliedsbeiträge sowie den vollen Leistungsumfang zu informieren.
Mietrecht: Widerspruch gegen die Kündigung
Das Mietrecht gibt dir als Mieter:in ein starkes Werkzeug an die Hand: das Widerspruchsrecht. Es greift vor allem dann, wenn die Kündigung für dich eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Typische Härtefälle sind gesundheitliche Einschränkungen, ein hohes Alter oder Familien mit schulpflichtigen Kindern.
Gerichte haben bereits viele Situationen als Härtefall anerkannt. Zum Beispiel dann, wenn ein Umzug deine medizinische Versorgung gefährden würde oder wenn du durch den Verlust deines sozialen Umfelds erheblich beeinträchtigt wärst. In solchen Fällen kannst du in der Regel Widerspruch gegen die Kündigung einlegen.
Schadensersatz bei vorgetäuschtem Eigenbedarf
Bei einer vorgetäuschten Eigenbedarfskündigung können Mieter:innen umfangreiche Rechte geltend machen. Diese reichen von der Rückkehr in die Wohnung bis hin zum Schadensersatz für alle entstandenen Nachteile.
In einem Fall vor dem Amtsgericht Bergedorf zum Beispiel wurde eine Eigentümerin wegen Betrugs verurteilt, nachdem sie eine Familie mit 7 Kindern nach einer Zwangsversteigerung aus ihrer Wohnung gekündigt hatte. Die Käuferin hatte Eigenbedarf angekündigt, diesen aber nicht umgesetzt. Das Gericht verurteilte sie zu folgenden Konsequenzen: 90 Tagessätze à 600 €, (insgesamt 54.000 €) Geldstrafe und Rückgabe des Immobilienverkaufsgewinns von 331.842,89 €.
Was passiert nach einer Kündigung wegen Eigenbedarf?
Nach einer Eigenbedarfskündigung musst du damit rechnen, dass du die Wohnung innerhalb der gesetzlichen Kündigungsfrist verlassen musst. Vermieter:innen sind verpflichtet, dir mindestens 3 Monate Zeit für den Auszug zu geben. Stellt sich heraus, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war, stehen dir als Mieter:in verschiedene Schadensersatzansprüche zu. Du kannst zum Beispiel die Umzugskosten von deinem Vermieter oder deiner Vermieterin aber auch die Differenz zwischen der alten und der neuen Miete, wenn diese höher ist, einfordern.
Dokumentieren, prüfen, handeln: Deine Strategie bei Eigenbedarfskündigung
Wichtig ist, dass du nach Erhalt der Kündigung einige Schritte unternimmst. Achte darauf, dass du alle relevanten Ereignisse rund um die Kündigung dokumentierst und Beweise sammelst, falls es Unregelmäßigkeiten gibt. Primär solltest du prüfen, ob die Kündigung rechtlich korrekt ist und ob dein:e Vermieter:in den Eigenbedarf ausführlich begründet hat. Ziehen die Vermieter:innen oder Familienmitglieder nicht ein, kann das ein starkes Indiz dafür sein, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht wurde.
Erweist sich der Eigenbedarf der Vermieter:innen daher als falsch, kannst du nach § 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz verlangen. Das gilt insbesondere dann, wenn dein:e Vermieter:in dich nicht über den Wegfall des Eigenbedarfs informiert hat oder der vorgetäuschte Eigenbedarf der eigentliche Grund für die Kündigung war. Allerdings trägst du in diesen Fällen die Beweislast und die Durchsetzung deiner Ansprüche kann unter Umständen juristisch anspruchsvoll sein.
Du bist Mieter:in und ziehst nicht aus?
Du würdest am liebsten trotz einer wirksamen Eigenbedarfskündigung in deiner Wohnung bleiben? Das ist nicht möglich, wenn die Kündigung rechtswirksam ist und dein:e Vermieter:in den Bedarf nachgewiesen hat. Wenn du nicht ausziehst, kann er oder sie nach Ablauf der Kündigungsfrist beim zuständigen Gericht eine Räumungsklage einreichen.
Das Verfahren beginnt damit, dass dein:e Vermieter:in eine Bescheinigung ausstellt, aus der hervorgeht, dass die Wohnung weiterhin von dir trotz Kündigung genutzt wird. Danach wird die Klage eingereicht und das Verfahren kann mehrere Monate bis zu einem Jahr dauern. Entscheidet das Gericht zugunsten des Vermieters oder der Vermieterin, wird das Urteil wenige Wochen nach der Verhandlung rechtskräftig. Du bist dann verpflichtet, die Wohnung zu räumen und die angefallenen Gerichtskosten zu tragen. Kommst du dieser Aufforderung nicht nach, kann im Ernstfall auch eine Zwangsräumung angeordnet werden.
FAQ: Häufige Fragen zur Eigenbedarfskündigung
Was ist eine Eigenbedarfskündigung?
Eine Eigenbedarfskündigung ist eine Kündigung des Mietvertrags durch den/die Vermieter:in, weil er/sie oder ein Familienmitglied die Wohnung selbst nutzen möchte. Es handelt sich um eine der wenigen Kündigungsarten, bei denen Vermieter:innen das Mietverhältnis auch ohne das Verschulden von Mieter:innen beenden können.
Wann ist eine Kündigung wegen Eigenbedarf wirksam?
Vermieter:innen müssen ein berechtigtes Interesse nachweisen, beispielsweise die Absicht, selbst in die Wohnung einzuziehen oder sie einem nahen Familienangehörigen zur Verfügung zu stellen. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und der Eigenbedarf muss konkret und nachvollziehbar begründet werden.
Wie lange habe ich Zeit, um auf eine Eigenbedarfskündigung zu reagieren?
Nach Erhalt der Eigenbedarfskündigung musst du die Kündigungsfrist einhalten, die je nach Mietdauer variiert:
- Bei mehr als 8 Jahren Mietdauer: 9 Monate
- Bei weniger als 5 Jahren Mietdauer: 3 Monate
- Bei 5 bis 8 Jahren Mietdauer: 6 Monate
Kann ich einer Eigenbedarfskündigung widersprechen?
Ja, du kannst der Kündigung widersprechen, wenn du der Meinung bist, dass der Eigenbedarf unberechtigt oder unzumutbar für dich ist. Typische Härtefälle sind gesundheitliche Gründe, ein hohes Alter oder die Betreuung von schulpflichtigen Kindern.
Was passiert, wenn ich der Eigenbedarfskündigung nicht nachkomme?
Weigerst du dich, auszuziehen, kann dein:e Vermieter:in eine Räumungsklage beim Gericht einreichen. Das Verfahren kann mehrere Monate bis zu einem Jahr dauern. Wird dir die Wohnung durch das Gericht zugewiesen, bist du verpflichtet, auszuziehen. Andernfalls kann eine Zwangsräumung angeordnet werden.
Was passiert, wenn der Eigenbedarf vorgetäuscht ist?
Wenn der Eigenbedarf nur vorgetäuscht wurde, kannst du Schadensersatzansprüche geltend machen. Dazu gehören beispielsweise Umzugskosten oder die Differenz zwischen der alten und der neuen Miete. In schweren Fällen können Vermieter:innen sogar zu einer Geldstrafe verurteilt werden.
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